Westdeutsche Zeitung Dienstag, 5. Juli 2016

Cronenberg/Ronsdorf

„Ganz oben“ mit Günter Wallraff

Journalist schlägt sich auf verschlungenen Pfaden durch das
Burgholz. Die Benefizwanderung soll Spenden für das Kinderhospiz einbringen.

Michael Bosse


Günter Wallraff (Mitte) im Kreise einiger seiner Mitwanderer.
Foto: Stefan Fries

Cronenberg. Als erfahrener Marathonläufer weiß Günter Wallraff, was er tun muss, um einer Übersäuerung der Muskeln vorzubeugen. Der bekannte Enthüllungsjournalist dehnt und streckt sich an einer weiß-roten Metallbarriere, nachdem er mit einer Gruppe von etwa 30 Wanderern einen steilen Anstieg hoch zur Sambatrasse in Küllenhahn geschafft hat. Wallraff ist an diesem Samstag der prominenteste Teilnehmer der rund elf Kilometer langen Wanderung, über die Geld für das Kinderhospiz Bergisches Land zusammen kommen soll. „So eine Wanderung ist ein echtes Erlebnis. Man lernt Menschen kennen und bekommt Anregungen“, sagt der Journalist und Buchautor, der auch Botschafter des vor einem Jahr eröffneten Hospizes ist.
Aufgerufen zu der Wanderung und einem zeitgleich stattfindenden Lauf hatten die Cronenberger Bürgervereine: Die Strecke führt von Sudberg bis nach Küllenhahn. Es ist die dritte Sponsorenveranstaltung für das Kinderhospiz. Das Profil ist anspruchsvoll, aber nicht zu anstrengend, Wallraff kann trotz seiner 73 Jahre gut mithalten. Es ist ihm anzusehen, dass er regelmäßig joggt, zuletzt hatte ein Tischtennis-Duell gegen den „Bild“-Herausgeber Kai Diekmann für Medienaufmerksamkeit gesorgt.
Die Wanderung bringt Wallraff ohne besondeie Zeichen von Anstrengung hinter sich. Im Gegenteil: „Da lebe ich auf“, sagt er auf die Frage nach dem Befinden. Solche Veranstaltungen seien ihm tausendmal mehr wert als „irgendwelche Schicki-Micki-Treffen“, auf denen er sich wahlweise nur betrinken könne. Dass er die Strecke so gut absolviert hat, liegt vielleicht auch an den Wanderschuhen, die er sich von seiner Frau ausgeliehen hat: Die haben eine Abrollferse und laufen sich nach Ansicht Wallraffs sehr gut.
Mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm da schon die Panne mit seinem Auto: Eine Beschädigung am Chassis des Pkw hatte ihn auf der Hinfahrt etwas ausgebremst. Deshalb muss Wallraff noch während der Wanderung per Handy den ADAC instruieren, was am Fahrzeug zu richten ist. Als er dann am Kinderhospiz erscheint, ist das Problem schon behoben.
Für die Wahl der Strecke und die Führung sind an diesem Tag Thomas Graap und Rolf Tesche vom Cronenberger Heimat- und Bürgerverein zuständig. Dabei meidet die Gruppe – bis auf einige hundert Meter – bewusst die Sambatrasse. „Die meisten von uns kennen die Trasse. Deshalb wollten wir parallele Wege gehen“, sagt Graap. Zudem sollte es nicht zu viel „rauf- und runtergehen“. Gleichwohl lassen sich Steigungen nicht umgehen: So mancher Teilnehmer ist erstaunt über die Strecke auf bisweilen recht schmalen und steilen Wegen. „Ich dachte, wir gehen hier die Sambatrasse“, sagt Martin Treckmann, der zum ersten Mal dabei ist.

Wallraff hat signalisiert, auch beim nächsten Mal mitzumachen

Da die Teilnehmer ein soziales Anliegen verfolgen, bekommt jeder eine Sponsorenkarte, auf der Spender und Spenden eingetragen werden können. Noch bis zum 31. Juli können die Wanderer Unterstützer für die gute Sache suchen und das Geld überweisen. Die Bethe-Stiftung hat bereits zugesagt, die gesammelte Summe zu verdoppeln. Bei den ersten Wanderungen 2012 und 2014 waren insgesamt 14000 Euro zusammengekommen.
Auch Bezirksbürgermeisterin Ursula Abe` wandert mit. Sie ist froh über die Resonanz. „Das waren deutlich mehr Teilnehmer als beim letzten Mal“, sagt sie. Nun hoffe sie, dass die Spendenaktion auch in den kommenden Jahren fortgesetzt wird. Günter Wallraff hat auf jeden Fall schon zugesagt, bei der nächsten Wanderung wieder dabei zu sein: „Wenn man mich einlädt …“

BETRIEB & ENTSTEHUNG

KURZINFO Derzeit sind im Bergischen Kinder- und Jugendhospiz zehn Kinder, jugendliche und junge Erwachsene untergebracht. Der Bau des Hauses wurde von der Kinderhospiz-Stiftung Bergisches Land finanziert. Die Stiftung wird von der Bethe Stiftung, dem Caritasverband Wuppertal/Solingen und der Diakonie Wuppertal getragen. Für den Betrieb ist das Hospiz auf finanzielle Zuschüsse angewiesen. Unterstützung erhält das Haus auch durch einen Freundeskreis.

- verfasst 2016-07-08 19:06 in Kategorie:

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