Westdeutsche Zeitung vom 27. April 2007 Seite 19

CRONENBERG Mit der Einstellung des Verfahrens und hohen Auflagen endete gestern der Prozess gegen den Unternehmer Rudi Morsbach. Innerhalb eines halben Jahres muss der 62-Jährige 230000 Euro zahlen.

Von Andreas Spiegelhauer
Ende August des vergangenen Jahres hatte Rudi Morsbach gegenüber der WZ Stellung zum drohenden Abriss eines mutmaßlichen Schwarzbaus an der Berghauser Straße bezogen. Er wolle mithelfen, den Dauerstreit endlich beizulegen: „Dafür stehe ich mit meinem guten Namen ein“, sagte er damals. Gestern machte der Cronenberger Unternehmer einen wichtigen Schritt. Vor dem Schöffengericht räumte er um 9.05 Uhr ein: „Ich übernehme die volle Verantwortung.“ Und: „Ich habe einen großen Fehler gemacht.“

Betrugsvorwürfe in acht
Fällen sind vorläufig vom Tisch

Hintergrund für das morgendliche Morsbach-Statement ist das, was die Staatsanwaltschaft dem 62 Jahre alten Unternehmer vorwirft. Laut Anklage soll Morsbach 1999 an der Berghauser Straße ein Wohngebäude mit acht Eigentumswohnungen entworfen und bei der Stadt eine Vorlage zur Genehmigungsfreistellung eingereicht haben. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass das Ehepaar danach den Bauplan wissentlich so veränderte, dass doch eine Genehmigung erforderlich gewesen wäre. Für die Ermittler ist die Immobilie damit ein klassischer Schwarzbau. Dennoch soll Morsbach die fertigen Wohnungen verkauft haben. Laut Anklage legten sie bei den Verkaufsverhandlungen die geänderten Bau- zeichnungen vor, behaupteten aber, es liege eine Baugenehmigung dafür vor: Für die Ermittler ist klar: Nur so kam es zum Abschluss der Kaufverträge für die Wohnungen. Preis pro Einheit: rund 200000 Euro. Der Vorwurf lautet: schwerer Betrug in acht Fällen.

„Sie sind nach Gutsherrenart mit den Bauvorschriften
umgegangen.
Das war schlecht.“

Richter Lars Petersen
gestern zum Angeklagten

Das ist seit gestern vom Tisch. Um 11 Uhr verkündete das Schöffengericht die vorläufige Einstellung des Verfahrens „wegen geringen Verschuldens“, wie es hieß. Das Gericht glaubte dem Unternehmer, dass er nicht einen möglichst hohen Gewinn erzielen wollte, als er sich vor Jahren über bestehende Bauvorschriften hinweggesetzt habe. Doch die Einstellung ist teuer: Als gerichtliche Auflage muss der Unternehmer innerhalb der kommenden sechs Monate satte 230000 Euro bezahlen (siehe die Auflagen).

Je 15000 Euro für die
acht Wohnungseigentümer

Die Besonderheit: In dem Betrag sind acht Einzelbeträge von je 15000 Euro enthalten. Nach Willen des Gerichts muss Morsbach diese Beträge an die acht Wohnungseigentümer zahlen. „Zum Ausgleich für deren Ängste und Sorgen im Rahmen der Auseinandersetzungen um die Immobilie“, wie es gestern hieß. Der Hintergrund ist in Cronenberg hinlänglich bekannt. Wie berichtet, hat die Stadt den Abriss der Skandalimmobilie verfügt.

Verteidiger ist sich sicher:
Abrissbirne kommt nicht

Laut Verteidiger Rüdiger Deckers von der renommierten Kanzlei Thomas aus Düsseldorf ist die Abrissgefahr trotz zum Teil anderslautender Gerüchte aus Cronenberg so gut wie vom Tisch. Man sei sich mit den Nachbarn über Ausgleichszahlungen längst einig. Jetzt müsse noch das Verwaltungsgericht entsprechend über die Abrissverfügung entscheiden. Anwalt Deckers gestern zur WZ: „Wir wollen den Rechtsfrieden wiederherstellen.“
Das Schöffengericht nahm gestern die Sorgen der Bewohner jedenfalls ernst. So müssen die Morsbachs — auch die Ehefrau war angeklagt — laut Gerichtsbeschluss die Kosten übernehmen, sollte es doch noch zu einem Rück- oder Umbau des Mehrfamilienhauses als Folge der fehlenden Baugenehmigung kommen.
Fakt ist: Die Einstellung des Verfahrens ist vorläufig. Sollte Morsbach die Auflagen nicht erfüllen, wird das Betrugsverfahren wieder aufgenommen. Fest steht aber auch, dass Morsbach mit der gestrigen Entscheidung des Gerichts nicht als vorbestraft gilt. Eine etwaige Schuld wurde nicht festgestellt.

• DIE AUFLAGEN

GELDSEGEN Neben den Eigentümern der Wohnungen im umstrittenen Mehrfamilienhaus an der Berghauser Straße muss Morsbach insgesamt 110 000 Euro an verschiedene gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Je 20000 Euro
an den Verein für Bewährungshilfe und an die ärztliche Beratungsstelle Bergisch-Land, 10000 Euro für die Renovierung der reformierten Kirche in Ronsdorf, 30000 Euro an WIN, jeweils 5000 Euro an den Städtepartnerschaftsverein Wuppertal-Matagalpa und das Rechtshistorische Institut der Fern-Uni Hagen, je 10000 Euro an die Drogenberatungsstelle am Döppersberg für die JVA Wuppertal und für die Kinderkrebshilfe. Morsbachs ebenfalls beschuldigte Ehefrau zahlt im Zuge der Einstellung 20000 Euro an die Staatskasse.

- verfasst 2007-04-27 19:52 in Kategorie:

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